Sonntag, 29. Juli 2007

Rösti und Rüeblichueche

Während der letzten Wochen sind uns viele Menschen begegnet und obwohl es nur sehr wenige Schweizer hier zu geben scheint, hatten wir das Glück, welche zu treffen und kennenzulernen.
Wir waren kürzlich unterwegs zur Post und haben miteinander über das Wetter oder so geplaudert. Das sagt auf einmal jemand hinter uns: "Doch, die rede au Schwitzerdütsch". Und so kamen wir mit Magda und Nassib ins Gespräch. Magda ist sein 20 Jahren in Somalia und zur Zeit in Nairobi, weil sie Merka, welches 100 Kilometer von der Somalischen Hauptstadt Mogadishu entfernt liegt, wegen der momentan unsicheren Lage verlassen musste. Der etwa 16jährige Nassib spricht ebenfalls Schweizerdeutsch und es dauerte ein paar Momente bis ich mich daran gewöhnt hatte, mit einem dunkelhäutigen Somalier in Kenia schweizerdeutsch zu sprechen. Magda lud uns für den Sonntag zum Kaffee ein.
Sie wohnt in einer Art aufgemotzten Barracke, die einer koreanischen Freundin von ihr gehört. Die Wohnung befindet sich nur 5 Minuten von unserem Apartmentkomplex entfernt in einer mit Bäumen gesäumten Strasse. Dort nahmen wir also vor kurzem an einem sonnigen Sonntagnachmittag einen süssen, zimt- und koriandergewürzten somalischen Chai - Tee - ein und assen dazu kenianischen Rüeblichueche, der uns sehr an die Aargauer Rüeblitorte erinnerte. Gebacken und den Tee gekocht hatte Nassibs Schwester Saana, die ebenfalls schweizerdeutsch spricht. Die 70ig jährige Magda erzählte uns über ihr Projekt in Merka und über all die Hürden, die sie gehen musste im Laufe der letzten 20 Jahre. Zum Schluss wollte sie uns zum Znacht dabehalten, doch wir verschoben dieses Essen.
Und zwar auf gestern. Wir waren zusammen mit Felix, einem Schweizer Freund und Verena, Felix' Chefin bei Magda, Nassib und Saana. Und es gab Rösti! Mmh. Wir sassen also zu 7. in der gemütlichen Barracke und schnatterten auf schweizerdeutsch, assen Schweizer Essen und genossen die schöne Atmosphäre. Zum Dessert gab es wieder diesen phantastischen Rüeblikuchen von Saana und dazu meine selbstgemachten Mandazi. Der Abend konnte auch durch den plötzlichen starken und seit etwa 5 Wochen ersten Regenguss nicht getrübt werden ;-)

Samstag, 28. Juli 2007

Kleidungsstil

Ich wurde danach gefragt, wie sich die Kenianer kleiden. Ich bin nicht sicher, ob man hier einen bestimmten Kleidungsstil erkennen kann. Es gibt eigentlich eher selten Menschen, die die typischen und traditionellen afrikanischen Gewänder mit bunt gemusterten Stoffen oder die langen wallenden Kleider tragen. Der "Durchschnittskenianer" hier in Nairobi kleidet sich mit mehr oder weniger westliche Kleidung. Männer tragen meistens Stoffhosen und nur sehr selten Jeans. Oben T-shirt oder Hemd. Allen gemeinsam ist, dass sie die Kleidungsstücke mindestens 2 Nummern zu gross tragen. Entweder dient dies der Bequemlichkeit oder es schützt - da natürlich eher luftig - gegen die grosse Hitze von Dezember bis Februar. Die Frauen tragen von Jeans, über Stoffhosen und Röcke alles bis hin zu knielangen Hosen. Oben Bluse, Pullover, T-shirt. Auch die Frauen mögen es gerne eher etwas zu gross. Aber bei den Frauen kann man auch ein gewisses Modebewusstsein erkennen und es gibt einige die tragen engere Kleider. Im Business-Teil der Stadt hab ich auch schon Frauen in Anzügen und kürzlich sogar eine mit kurzer Kravatte gesehen. Viele Frauen haben aber immer noch irgendwo ein buntes Tuch umgeschlungen, sei es um die Hüften, den Hals oder um den Kopf, um die Haare zurück zu binden. Generell ist aber, dass kurze Sachen wie kurze Hosen, kurze Röcke und Spaghetti-Träger-Shirts SEHR selten zu sehen sind.
In Kenia gibt es in den Shopping Malls auch Kleiderläden wie in Europa oder Amerika. Man kann dort ganz ungestört rumstöbern und Kleider zu einem festen Preis kaufen. Leider ist diese Mode aber eher passé und die meisten Kleidungsstücke sind teuer verglichen mit denen in den sogenannten "Stalls", den privaten Kleidergeschäften. Es ist für mich auch äusserst ungewohnt, für Kleider verhandeln zu müssen. Komischerweise habe ich hier aber auch weniger das Bedürfnis, Kleider kaufen zu wollen, was schon erstaunlich ist, wenn man bedenkt, dass ich seit beinahe 17 Wochen aus nur drei Paar Hosen, vier Shirts und zwei Pullis auswählen kann.

Freitag, 27. Juli 2007

HIV

HIV und AIDS ist wie ihr anhand des letzten Blogs sicherlich gemerkt habt, ein grosses Problem. In Kenia ist der Prozentteil HIV positiver Menschen um die 6 %. In den Slums kann die Zahl aber bis auf 20 % oder mehr steigen.
Geschätzte 25 Millionen HIV positive Menschen leben zur Zeit in Afrika. Man sagt, dass zwei Drittel der HIV positiven Menschen weltweit in der Subsahara-Region Afrikas leben.
Ich wurde gefragt, ob ich bei meiner Arbeit im Flowzytometer Labor, wo wir täglich Analysen mit Blut von HIV positiven Patienten durchführen, keine Angst vor einer Ansteckung hätte. Das brachte mich auf die Idee kurz etwas über HIV, die Ansteckungswege usw. zu schreiben. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, sich mit HIV anzustecken. Man kann sich vorwiegend via Muttermilch, bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr und bei Kontakt mit Blut- und anderen Körperflüssigkeiten anstecken. Natürlich arbeiten unsere Laborantinnen mit HIV positivem Blut, was eine potentielle Gefahr darstellt. Zum Schutz tragen sie Handschuhe und sollten - wenn ich fertig mit der Laboreinrichtung bin - auch eine Schutzbrille bekommen.
Wenn Blut auf die Arbeitsfläche verschüttet wird, muss man sofort die Stelle desinfizieren. HI-Viren lieben den Kontakt zu Luft nicht sehr und wenn dann noch Alkohol oder Sodium-Hyperchlorid dazu kommt, dann sind die ganz schnell tod. Gefährlicher wird es schon eher, wenn man sich an einer Probe verletzt oder kontaminiertes Blut in eine Wunde läuft, ins Auge oder in den Mund spritzt. Aber selbst da muss die Menge gross und die Kontaminationszeit lange sein. (Durchschnittliches Risiko von HIV Transmission während Kontamination: Nadelstichverletzung: 0.3%, Kontakt mit Schleimhäuten: 0.09%, Kontakt mit nicht-intakter Haut wie kleinen Läsionen und Ausschläge: < 0.09%). Ausserdem gibt es in solchen Fällen die Möglichkeit der Post Expositions Prophylaxe (PEP).
Für eine PEP wird eine Kombination von drei unterschiedlichen antiretroviralen Medikamenten (ART oder ARV) in Tablettenform für eine Dauer von 28 Tagen eingenommen. Die Behandlung muss dabei ganz genau nach Vorschrift durchgeführt werden, um die Wirksamkeit zu gewährleisten und Resistenzen zu verhindern. Die Medikamente haben leider grosse Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Durchfall, Hautausschläge und Kopfschmerzen. Die Einnahme von PEP sollte am besten innerhalb von zwei Stunden, aber nie später als 72 Stunden nach der möglichen Infektion erfolgen.
Während der Dauer der PEP werden regelmässig klinische Untersuchungen und einige Laboranalysen durchgeführt. Unter anderem natürlich auch ein HIV-Test.


Mittwoch, 25. Juli 2007

Kenya Helminth Study

Dieser Blog wird wahrscheinlich vor allem die Medizinisch Interessierten unter euch ansprechen. Ich versuche darin zu erklären, an welcher Studie mein Chef Judd und all meine Arbeitskollegen gerade arbeiten. Mein Part am Ganzen ist, das Labor, in welchem die wichtigsten Analysen für diese und auch andere Studien durchgeführt werden, auf Vordermann zu bringen, was mir weitgehend gelungen ist. Hier also eine kurze Zusammenfassung der Kenya Helminth Study:
Über 25 Millionen Menschen in Afrika leben derzeit mit dem HI-Virus, sind also HIV positiv. Von ihnen, man vermutet 50-90%, sind ebenfalls mit durch Bodenkontakt übertragenen Würmern infiziert. Würmern wie Rundwürmern, Hakenwürmern oder Peitschenwürmern. Man nimmt an, dass der Wurmbefall bei HIV positiven Menschen eine Beschleunigung der verschiedenen HIV-Stadien bis zur AIDS Erkrankung hervorruft. Studien haben gezeigt, dass die erfolgreiche Behandlung von Wurmerkrankungen zu einer Abnahme der Anzahl HI-Viren im Blut führt. Ausserdem wird durch die Behandlung das Ansteckungsrisiko HIV negativer Personen beim Sexualkontakt mit HIV positiven Personen gesenkt.
Eine vertiefte Studie wird an verschiedenen Orten in Kenya durchgeführt werden. Untersucht werden Personen, die älter als 17 Jahre alt sind und die zur Zeit keine Antiretrovirale Therapie erhalten. Ausserdem müssen sie andere Kriterien erfüllen wie z.B. noch eine bestimmte Anzahl an T-Helferzellen haben, müssen sich einverstanden erklären, dass sie an bestimmten und festgelegten Daten zur Verfügung stehen, ausserdem dürfen teilnehmende Frauen nicht schwanger sein.
Die Studie vergleicht zwei verschiedene Therapieverfahren. Die eine Testgruppe erhält eine intensive Antiwurmbehandlung, während die andere Testgruppe nur eine symptomatische Behandlung der Wurminfektion, wie sie in Kenya Standard ist, bekommt. Während der Studie wird die Anzahl der CD4 + Zellen (T-Helferzellen) und die Anzahl HI-Viren im Blut in bestimmten Abständen gemessen und verglichen. Diese Teilnehmenden erfüllen die Kriterien für eine Antiretrovirale Therapie nicht, weshalb sie zusätzlich zur Wurmbehandlung keine Medikamente "gegen" die HIV-Infektion bekommen. Ziel ist es also herauszufinden, wie gross der Einfluss einer Wurmerkrankung auf den Verlauf der HIV-Infektion ist und wie wichtig eine intensive Behandlung der Wurmerkrankung ist, um das Fortschreiten der HIV-Erkrankung herauszuzögern.
Ich habe versucht, den Blog so verständlich wie möglich zu schreiben und hoffe, dass auch ein paar Nichtmediziner ein bisschen was verstehen werden und es interessant finden ;-)



Dienstag, 24. Juli 2007

Mandazi Rezept

Da viele unser Chapati Rezept gelobt haben, kommt hier ein anderes Rezept. Und zwar für Mandazi. Mandazi sind in Frittieröl gebackene süsse Teigtaschen und schmecken vorzüglich zu Chai (Tee).
Man benötigt für die Mandazi:

- 2 Tassen Mehl,
-
2 Essloeffel Zucker,
- 1 Prise Salz,
- 1 Teeloeffel Backpulver,
- 1 Tasse Wasser
- Öl
- eine Frittierpfanne.

1) 2 Tassen Mehl mit einer Prise Salz, einem Teelöffel Backpulver und zwei Esslöffeln Zucker in einer Schüssel vermischen. Dann 1 Tasse Wasser dazugeben und das Ganze zu einem Teig kneten.
2) Den Teig in vier gleich grosse Portionen teilen und zu Kugeln formen. Die Teigkugeln für 20 Minuten mit einem feuchten Tuch zudecken.
3) Anschliessend jede Kugeln einzeln ausrollen, dass sie die Dicke eines Bleistiftes haben. Mit einem scharfen Messer die Teigflächen in vier Teile schneiden und wiederum 20 Minuten unter einem feuchten Tuch gehen lassen.
4) Danach das Öl auf 180-190 Grad erhitzen und die Teigflächen darin goldbraun backen. Anschliessend aus der Frittierpfanne nehmen und in Zucker wenden.

Die Mandazi schmecken am besten, wenn sie noch warm sind!
E GUETE! (Tanja)

Montag, 23. Juli 2007

Slumverbesserung, eine verzwickte Sache!

Letztes Jahr, bei meinem ersten Besuch in Kenia, habe ich zum ersten Mal längere Zeit in einer informellen Siedlung (oder Slum) verbracht. Es ist kein schöner Anblick, wie wohl einige von euch schon auf Bildern oder in Berichten mitbekommen habt. Die Zimmer und Hütten sind klein und überfüllt, die Strassen sind dreckig, die Abwasserkanäle offen, eigentlich funktioniert nichts, wie wir es in Europa kennen. Und doch gibt es viele Menschen, die freiwillig und gerne dort leben. Einige möchten sparen und andere sind auch stolz in einer berühmten Siedlung wie Kibera zu leben. Und da beginnt die Komplexität der Slumverbesserung, die man leider in den meisten Berichten oft nicht findet.
Im letzten November hatte ich die Gelegenheit, an einer Konferenz zur Strategie der Slumverbesserung teilzunehmen, wo auch Vertreter der verschiedenen Slums teilnahmen. Dabei taten sie ihrem Unmut Kund, wie schlimm Slumverbesserung für sie ist in Bezug zu den Mietpreisen. Diese steigen wegen den Aktivitäten, um das 5-fache, was für viele einfach nicht bezahlbar ist.
Während der Konferenz wurde auch das Fehlen eines Mietgesetzes heftig kritisiert. Trotz verschiedensten Kampagnen, hat die Regierung die Rechte der Mieter gesetzlich noch nicht geregelt. Bewohner können ohne Grund von einem Tag auf den anderen aus ihrer Wohnung rausgeschmissen werden. Wie es der Vermieter gerade will. Gewiss, es sind „informelle“ Siedlungen und die Regierung möchte dies unter keinen Umständen mit einem Gesetz schützen und unterstützen. Aber, über 50% der Bevölkerung von Nairobi lebt ohne fliessendes Wasser und Elektrizität. So ein Mietergesetz sollte doch zuoberst auf der Traktandenliste des politischen Tagesgeschäfts sein, oder? Aber eben, hier geht die Komplexität der Situation weiter, denn rund die Hälfte der Politiker verdient einen Teil ihres Vermögens über Investitionen in Mietwohnungen in diesen Slums. Ein Mietergesetz würde dieser Investition schaden, denn dann dürften die Mieter etwas mehr für ihr Geld verlangen.
Es ist eine sehr verzwickte Sache, wobei die Slumbewohner mit ihren Bedürfnissen und Wünschen meistens nicht wirklich einbezogen werden, leider.

Sonntag, 22. Juli 2007

Matatu

Matatus gehören zu Kenya wie die Massai, die Akazienbäume und die Nationalpärke. Deshalb möchte ich auch ihnen einen Blog widmen.
Matatus sind in der Regel Nissan-Kleinbusse mit Sitzplätze für 14 Personen. Wie schon bei den Bussen erwähnt, gibt es auch für Mataus keinen Fahrplan. Sie fahren, sobald sie voll sind. Man muss auch da die Nummern auswendig lernen oder sich durchfragen. Während die Busse sich jedoch weitgehend an die Route halten, kann man bei Matatus nie sicher sein, sogar wenn man nachfragt. Matatus sind ebenfalls dafür bekannt, dass sich deren Fahrer an keine Verkehrsregeln halten, sich überall reinquetschen, egal wie schmal die Lücke der aufgestauten Autos auch sein mag und dass sie mit laut dröhnender Musik durch die Strassen rasen. Nachts ähneln gewisse Matatus einem auf vier Räder rollenden Club oder Diskothek, da einige nicht nur mit ohrenbetäubender Musik herumkurven, sondern auch noch diverse, meist blinkende Lichter angebracht haben.
Matatus können "modern" sein, mit Flachbildschirmen ausgerüstet und einigermassen gemütlichen Sitzen. Sie können aber auch die reinsten Rosthaufen auf vier Rädern sein, die sich klappernd einen Weg durch die Automenge bahnen und wo sich der Sitz mit jeder Bremsung ein paar Zentimeter vorwärts verschiebt. Es ist eng in den Matatus und kann auch ziemlich stickig werden. Während bei den Bussen der Fahrpreis auf 20ksh festgelegt ist, variiert er in den Matatus je nach Tageszeit, Verkehr und Wetter von 20 bis 50ksh. In den Matatus fühle ich mich persönlich unsicherer als in den Bussen. Es ist so eng und oft hat man noch die Tasche, das Kind oder die Kartoffelsäcke der Nachbarn mit auf seinem Schoss. So hat ja auch schon ein ganz cleverer Typ versucht, mich Anfang Juni zu bestehlen. Zum Glück war ich schlauer.
Matatus halten dafür überall an und lassen die Passagiere dort aussteigen, wo sie wollen. Sie nehmen Passagiere auch ausserhalb der Haltestellen auf, sofern es einen freien Platz im Fahrzeug hat. Worüber ich immer wieder staune ist die "Logik" der Matatufahrer. Wenn ein Matatu ursprünglich links abbiegen muss, kann es gut sein, dass es zuerst auf der Spur ganz rechts auf einer vierspurigen Strasse versucht, sich soweit an all den anderen Autos, Matatus und Bussen vorbeizuzwängen, nur weil dort grad ne kleine Lücke ist. Dass man danach wieder dreimal die Spur auf äusserst mühsame Weise wechseln muss und man damit schlussendlich gleich schnell ist, scheint niemanden nachdenklich zu machen.

Donnerstag, 19. Juli 2007

Tagesablauf der KenianerInnen

Der Tagesablauf der Kenianer ist sehr spontan und offen, nicht so strukturiert wie bei uns in der Schweiz oder anderen europäischen Ländern. Wenn man jemanden trifft, dann passiert es oft, dass man länger (Stunden!) diskutiert oder was trinken/essen geht. Obwohl Termine vereinbart werden, nimmt man sich viel Zeit für Freunde und Geschäftspartner, die man tagsüber trifft (zum grossen Ärgernis von uns Europäern). Oft bleibt man auch lange im Verkehr stecken, weil es einfach zu wenige Strassen gibt oder weil die Stadtverwaltung gerade entschieden hat zu Stosszeiten die weissen Linien neu zu zeichnen.
Das Mittagessen wird zwischen 12Uhr und 14Uhr eingenommen. Dem Mittagessen wird generell mehr Zeit gewidment. Man isst kein Sandwich am Arbeitsplatz oder mampft und trinkt im Gehen. Nein, man setzt sich hin und diskutiert viel und fröhlich mit Freunden und Tischnachbarn. Es ist immer lustig.
Von Montag bis und mit Samstag gehen die Leute einer Beschäftigung nach. Nur wenige haben eine reguläre Arbeit, wie in der Schweiz oder anderen europäischen Ländern. Rund 60% sind statistisch gesehen „arbeitslos“. D.h. aber nur, dass sie keiner regulären Arbeit nachgehen, sondern im informellen Arbeitsmarkt jobben (von den offiziellen Statistiken nicht gut gedeckt).
Ein durchschnittlicher Arbeitstag dauert mindestens 12 Stunden. Im YMCA Hotel zum Beispiel, arbeitet das Restaurantpersonal von 7 bis 21 Uhr jeden Tag. Unsere Wächter (Tag und Nacht) arbeiten von 6 bis 6. Nach der Arbeit geht es entweder nach Hause oder zur nächsten Arbeit (ein Taxifahrer wäre fast über dem Steuer eingeschlafen, als er mir erklärte, dass er am Tag einer anderen Arbeit nachgeht).
Der Sonntag ist der Kirche gewidmet. Gegenüber unserer Wohnung steht eine grosse Kirche mit einem noch grösseren Parkplatz (sicher drei Fussballplätze gross). Während der Woche ist dieser Parkplatz leer, aber am Sonntag ist er voll. Frühmorgens stellen sich die Glaceverkäufer und einige Bettler entlang der Strasse auf. Dann kommen die Familien in bester Sonntagskleidung und verbringen 3 bis 4 Stunden in oder vor der Kirche. Dabei gibt es viel Musik und Gesang.
Das Konzept Freizeit, das bei uns so wichtig ist, kennen die meisten Kenianer nicht. Man geht mit Freunden oft was trinken oder kocht für seine Gäste, aber sportliche Betätigungen ausserhalb der Schule oder andere Hobbies kennt man hier sehr wenig.
... und es gibt noch viele Aspekte, die ich nicht kenne und verstehe. (Christian)

Mittwoch, 18. Juli 2007

Naivasha und Hell's Gate Nationalpark

Vor ein paar Tagen haben wir einen Ausflug ins etwa 1 1/2 Matatustunden entfernte Naivasha gemacht.Ein paar Kilometer weiter weg von Naivasha liegt der Naivasha See. Berühmt ist diese Region unter anderem wegen der riesigen Rosenfarmen und Gewächshäuser. Es gibt einen Flughafen, von wo mehrmals wöchentlich Tausende von Rosen direkt nach Amsterdam geflogen und von dort weiterverkauft werden. Kenia ist nebst Tanzania DER Rosenliferant. Kein Wunder, die Angestellten schuften bis zum Umfallen für einen Hungerlohn. Sie wohnen mit ihren Familien in dorfähnlichen Ansiedlungen, haben ihre eigenen Schulen und Einkaufsläden. Das Wasser des Sees ist in den letzten 10 Jahren bedenklich zurückgegangen, weil zur Bewässerung der Pflanzen kubikliterweise Wasser aus dem See gepumpt wird.
Im See leben Flusspferde und Seekühe. Letztere konnten wir sogar von Weitem beobachten. Die Nacht haben wir in einer Banda verbracht. Eine Banda ist eine strohbedeckte Hütte. In unserem Fall war es ein Zwei-Zimmerhäuschen mit zwei Etagen, Strom und Wasser. Unten hatte es eine Küche im überdachten Freien, ein Bad und ein Schlafzimmer, im oberen Stock befand sich ein gemütliches, mit geflochtenen Korbmöbeln ausgestattetes Wohnzimmer und ein zweites Schlafzimmer. Wir genossen die Ruhe der Umgebung sehr.
Am anderen Morgen machten wir uns auf Richtung Hell's Gate Nationalpark. 2 Kilometer vor dem Parkeingang mieteten wir Fahrräder. Diese waren zusammengeschweisste und -geflickte Ersatzteillager, deren Bremsklötze definitiv schon bessere Zeiten gesehen hatten und deren Gangschaltung sich nur noch zur Verzierung an Ort und Stelle befand. Die Strassen zum und im Nationalpark waren steinig, holperig, löchrig oder sandig. Es kostete mich einiges an Anstrengung, Nerven und Schweiss, diese Fahrt überhaupt zu Ende zu bringen, aber es hat sich gelohnt.
Der Hell's Gate Nationalpark ist der einzige seiner Art, den man nicht im Fahrzeug durchqueren MUSS. So konnten wir aus nächster Nähe Zebras, Warzenschweine, Giraffen, Affen und Antilopen sehen. Oft grasten die Tiere nur zwischen 20 und 40 Meter von uns entfernt im wadenhohen Gras oder überquerten den Weg. Meistens wurden wir kritisch von ihnen beäugt.
Nach 1 1/2 Stunden erreichten wir den Eingang vom Hell's Gate. Das ist eine Schlucht im Park. Wir stiegen hinter einem Massai den steilen Pfad herab bis hinunter in die Schlucht Er führte uns an kleinen Bächen und von Thermalwasser gespeisten Quellen vor zu einem Seitenarm der Schlucht, wo "Tomb Raider II" mit Angelina Jolie gedreht wurde. Der Boden der Schlucht hat sich in den letzten 10 Jahren um etwa 10 Meter gesenkt, durch das Auswaschen lockeren Geröll zwischen den Felsen. An der engsten Stelle konnten wir sogar ein Babyexemplar einer braunen Mamba (Giftschlange) beobachten.
Der Rückweg ging dann um einiges leichter und schneller und wir erreichten Nairobi noch vor dem Eindunkeln. Der Ausflug war super, auch wenn mir danach der Allerwerteste ein paar Tage lang wehtat.

Montag, 16. Juli 2007

Sozialwesen

Auf dem Papier gibt es auch in Kenia eine Sozialversicherung. In der Realität sind die meisten Kenianer, auch die des Mittelstands, vom Absturz in die Verarmung bedroht und können sich die Versicherung nicht leisten. Nach wie vor sind die meisten Kenianer im Alter oder im Falle einer Krankheit auf die Unterstützung der Familie angewiesen. Die Rechtsverfassung wurde in den Jahren 1965, 1966 und 1974 geschrieben und scheint seit damals nicht mehr erneuert worden zu sein.
Mutterschaftsurlaub ist hier ein Fremdwort. Die meisten Kenianerinnen gebären zu Hause, weil sie sich keine medizinische Unterstützung leisten können. Für gewisse Krankheiten wie Tuberkulose, Sexuell Übertragbare Krankheiten und AIDS (wobei die beiden erst erwähnten in mehr als 50% bei HIV-positiven Personen vorkommen, wegen des geschwächten Immunsystems) ist die Pflege in staatlichen Spitälern gratis. Die Medikamente jedoch zum Teil nicht, wenn ich das richtig verstanden habe. Jedenfalls kann es vorkommen, dass man im Bus sitzt und es kommt eine zerlumpt und krank aussehende Person herein mit einem offiziellen Schreiben der Regierung, dass sie Geld für Medikamente sammeln darf.
Zur sozialen Situation: Nairobi ist sowohl hinsichtlich der Wirtschaft als auch der politischen und internationalen Kommunikation das Zentrum des Landes. Auch der Tourismus hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen; die industriellen Erzeugnisse sind Textilien, Transportmittel, Baustoffe und Nahrungsmittel. Mit den fast drei Millionen Einwohnern gilt die Stadt allerdings auch als eine der unsichersten in ganz Afrika. An der Tagesordnung sind Angriffe auf Polizisten und Fahrgäste von Bussen ebenso wie Drogenhandel und Schutzgelderpressungen.
Diesen Abschnitt habe ich aus dem Internet. Dazu möchte ich sagen, dass ich bisher zum Glück nicht viel davon mitbekommen habe und dass diese Dinge wohl vor allem in den Slums geschehen. Wenn man bedenkt, dass zwischen 500.000 und einer Million Einwohner Nairobis in Kibera leben und es um Nairobi herum über 140 Slums gibt, die von Banden und Milizen wie den Mungiki (habt ihr vielleicht in den Nachrichten gehört) kontrolliert werden, dann liegt es auf der Hand, dass vor allem die Jugendlichen sich diesen anschliessen. Schliesslich sind rund 42% der kenianischen Bevölkerung unter 15 Jahre alt. (Zum Vergleich: In der Schweiz sind es 16%).
In Nairobi hat man auch wenig Vertrauen in die Regierung, da Veränderungen viel zu langsam durchgesetzt werden und man sich in erster Linie selbst für sein Leben und Überleben verantwortlich fühlt. Fast 80% der Menschen in den Slums müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen, was sich mit den Steigerungen der Preise für Grundnahrungsmittel und Busfahrten nicht vereinbaren lässt. Allgegenwärtig ist auch der Verdacht auf Korruption und der gemeinsamen Machenschaften von Milizen und Regierungsmitgliedern. Ein Projekt zur Verbesserung der sozialen Situation in Nairobi trat im Oktober 2004, am Weltsiedlungstag, in Kraft (Slum upgrading blog folgt). Besonders wichtig wird es aber auch sein, sich um die Jugendlichen und deren Integration zu kümmern, da sie mittlerweile immer weiter in die Kriminalität gedrängt werden. Die Arbeitslosigkeit in Kenia liegt bei ca. 50%, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei ca. 17,1 Mrd. Franken, das Prokopf-BIP beträgt etwa 450 Franken. Mehr zu Kenia findet ihr auch unter der folgenden Internetseite: http://de.wikipedia.org/wiki/Kenia.

Sonntag, 15. Juli 2007

Klima

Kenia kann in zwei Klimazonen unterteilt werden: Im Hochland, das höher als 1.820 m liegt, kommt es von April bis Juni und von Oktober bis November zu Regenperioden. Der Niederschlag fällt meist nachmittags, abends und nachts. Die Nächte sind relativ kühl. Die kälteste Zeit in dieser Region liegt im Juli und August mit etwa 10 °C Durchschnittstemperatur. Die warme Periode liegt im Januar und Februar mit 25 bis 26 °C Höchsttemperatur. Die Luftfeuchtigkeit beträgt etwa 65 Prozent (Schweiz Juli: 72-94%) . In Nairobi liegen die Temperaturen im Juli bei angenehmen 11 bis 21 °C und im Februar bei 13 bis 26 °C. Die jährliche durchschnittliche Niederschlagsmenge liegt in Nairobi bei 958 mm (in der Schweiz ca. 800mm) Die Zahl in der Schweiz ist zwar ähnlich wie in Nairobi, aber hier kann es sehr schnell, sehr viel aufs Mal regnen und da der Boden so trocken ist, kann er die Wassermenge nicht aufnehmen und es kommt sehr rasch zu Überschwemmungen. Man muss auch bedenken, dass diese Regenmenge während der zwei Regenzeiten fällt und nicht übers ganze Jahr verteilt ist wie in der Schweiz.
Am Victoria-See sind die Temperaturen viel höher, hier gibt es zum Teil auch starke Regenfälle. Das eher gemäßigte Klima macht den Aufenthalt im Hochland angenehmer. An der Küste liegen die Temperaturen zwischen 22 und 32 °C, und die mittlere Luftfeuchtigkeit beträgt etwa 75 Prozent. Der meiste Niederschlag fällt von April bis Juni. Die trockensten und wärmsten Monate sind Januar und Februar.
Ja, so steht es im Internet geschrieben. Die Wahrheit ist, dass es momentan alles andere als "angenehme" 11 °C ist, sondern eher sehr kühle bis kalte 11°C (wie kann man schreiben, dass 11°C angenehm ist, wenn man nicht gerade aus Grönland stammt?). Nebst der Kälte ist es auch sehr trüb, bedeckt und sieht oft regnerisch aus, obwohl es seit 3 Wochen nicht mehr geregnet hat. Von der oben erwähnten 65%igen Luftfeuchtigkeit spürt man übrigens gerade sehr wenig. Mich dünkt es eher SEHR trocken und meine Schleimhäute stauben nur so vor sich hin. Um es kurz zu machen: Die zweite Wolldecke kommt seit einigen Wochen nachts zu vollem Einsatz, die Balkontür bleibt verschlossen, gelüftet wird nur morgens 10 Minuten und wenn ich raus gehe, dann wechsle ich zwischen Jäckchen und dicken Pulli ab und werfe mir auch noch immer ein so wunderschönes und hier gerade gross in Mode stehendes Tuch um, das aber eigentlich aus dem Nahen Osten stammt und nicht etwa typisch kenianisch ist. Also lasst es euch gesagt sein: Kenya kann SEHR kalt sein (nicht ganz so kalt wie Namibia allerdings ;-)

Samstag, 14. Juli 2007

Nachtleben und Musik

Das Angebot in Nairobi ist gross. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, etwas trinken zu gehen und nachher ausgiebig zu tanzen. Man sollte weder als Mann noch als Frau allein ausgehen. Es gibt sowohl bei uns in Westlands als auch im Stadtzentrum oder ausserhalb diverse Bars, Pubs, Discos und Clubs. Man kann drinnen, aber manchmal auch draussen sitzen. Die Lokalitäten sind oft bis in die frühen Morgenstunden geöffnet. Es gibt auch ein Kasino. Nebst kleinen Snacks und Drinks, die man fast überall bekommen kann, hat es in manchen Lokalen auch Livemusik mit Raggae und traditioneller afrikanischer Musik. Die gleiche Musik, die tagsüber in den Matatus oft in voller Lautstärke von vorne nach hinten gespielt wird.
Es gibt auch häufige nationale oder internationale Musik-, Tanz- und Akrobatik-Shows in Nairobi, sei es in großen Hotels, Theaterspielstätten, Schulen oder Kulturzentren.
Die unbestritten bekannteste Band aus Kenya ist die Safari Sound Band, die bereits unzählige Male mit Platin ausgezeichnete Alben veröffentlichen konnte. Auch in Europa feierte die SSB bereits große Erfolge auf Tourneen.
Kenya hat eine reiche Chormusikszene mit einer starken Betonung auf religiösen Gesang (Gospels).
Ansonsten lieben es die Kenianer wie wohl die meisten Afrikaner, sich zu all möglichen Klängen und Rhythmen zu bewegen, sei es in traditioneller Kleidung oder auch leicht bekleidet in Clubs. So waren wir vor kurzem in einem Club, den man beinahe als Stripclub bezeichnen könnte. Dort tanzten schwarze Schönheiten nur mit Unterwäsche und hochhakigen Schuhen bekleidet zwischen Barstühlen und Sofas und bewegten ihre fast makellosen Körper zu der lauten Musik. In diesem Club sassen erstaunlicherweise auch zahlreiche Frauen, aber leider natürlich auch unsympathisch dreinschauende weisse Männer. Während es in Europa oder Nordamerika nicht erlaubt wäre, eine der Frauen zu berühren, so war das in diesem Club zu unserem Erstaunen Gang und Gäbe. Und fast jede der Tänzerinnen hatte innert kürzester Zeit ein paar Shilling Noten in ihrem Höschen stecken...


Freitag, 13. Juli 2007

Murphys Law

Bestimmt kennt ihr das, wenn alles schiefgeht, was schiefgehen kann. Das ist Christian und mir kürzlich passiert. Wir hatten uns mit einem befreundeten Pärchen verabredet. Die Zwei wollten uns ursprünglich mit dem Auto abholen kommen. Doch dann steckten sie im Stau fest und schlugen uns vor, ein Matatu zu einem bestimmten Treffpunkt zu nehmen. Da wir die Strecke jedoch nicht kannten und es bereits am Eindunkeln war, beschlossen wir, beim Taxidienst anzurufen. Dort versprach man uns, dass in sieben Minuten jemand kommen werde, der sich in der Gegend auskenne. 15 Minuten später sassen wir im Taxi und schon da beschlich mich ein komisches Gefühl. Der "sich sehr gut in dieser Gegend auskennende" Taxifahrer musste nämlich bevor wir überhaupt losfuhren, mit seinen Kollegen per Funk und Handy Kontakt aufnehmen, um nachzufragen, wohin er genau fahren müsse. Wir erreichten die grosse Strasse, entlang welcher der Treffpunkt sich befinden sollte. Der Taxifahrer schlich wie eine Grossmutter der Strasse entlang. Die Autos hinter uns hupten und überholten schliesslich in gefährlichen Manövern. Die Strasse war sehr dunkel, da es keine Strassenbeleuchtung gab. Der Taxifahrer bog in eine Seitenstrasse, wo er in einem Restaurant nach dem Weg fragen wollte, ich sagte ihm, er solle einfach weiter geradeaus fahren. Er wendete sehr umständlich den Wagen und rollte zurück auf die Strasse. Er fuhr weiter, oder besser gesagt, er schlich weiter. Meine Nerven! Ich sagte zu Christian, dass ich jetzt dann bald selber das Steuer in die Hand nehmen würde, sonst wären wir in drei Jahren noch nicht am Ziel. Schliesslich bog der Fahrer in eine Tankstelleneinfahrt ein, wo er nach dem Weg fragen wollte. Ich kochte unterdessen auf dem Rücksitz vor Wut. Als der Fahrer endlich weiterfuhr, hatte ich schon längst keine Lust mehr überhaupt noch wegzugehen. Doch wir erreichten schliesslich unsere Ziel nach 30 Minuten, wofür wir eigentlich nur 10 Minuten gebraucht hätten. Als dann der Taxifahrer auch noch 1000ksh verlangte für eine Fahrt, deren Festpreis bei 400ksh lag, flippte unser befreundets Pärchen fast aus, vor allem als der Fahrer in Kiswahili unserer kenianischen Freundin sagte: Lass die doch das bezahlen. Schliesslich konnten wir den Streit schlichten und fuhren im Wagen unserer Freunde zum Restaurant. Wir bestellten schon nach wenigen Minuten unser Essen bei einer sehr nervös wirkenden Kellnerin. Nach 40 Minuten fragten wir bei einer anderen Kellnerin nach, ob das Essen denn bald käme. Ich starb schon fast vor Hunger, es war ja auch bereits 20:30 Uhr. Die andere Kellnerin fragte: "Welches Essen? Es ist keine Bestellung beim Koch eingegangen!" Da platze mir fast der Kragen! Während wir erneut unsere Bestellung aufgaben, spielte ich kurz mit dem Gedanken, mich an den Kissen im Restaurant zu vergehen oder zu Fuss zum nächsten Shoppingcenter zu laufen, dort einzubrechen und mir eine Scheibe Toast zu schnappen. Unser Essen kam dann um 21:40! Ich war kurz vor dem Amoklauf. Aber es hat geschmeckt. Hier fragt ihr euch vielleicht langsam, ob wir überhaupt jemals heimgekommen seid. Nun, diese Frage kann ich mit einem ganz klaren Ja beantworten. Viel mehr ging dann Gott sei Dank nicht mehr schief.

Dienstag, 10. Juli 2007

Jeans

Kürzlich wollte sich Christian neue Jeans kaufen gehen. Das ist in Kenya kein einfaches Unterfangen. Es können sich einem da gewisse Hürden in den Weg stellen. Eine davon ist der Preis in den Shopping-Malls, der zum Teil sogar noch Schweizer Preise übersteigt, dann die Grössenangaben, die etwas gewöhnungsbedürftig sind und dann die Schnittformen, die beinahe an Körperverletzung grenzen. In Westlands gibt es aber ein von aussen sehr klein aussehenden Laden, der beim Eintreten in den unteren Stock beinahe unvorstellbare Dimensionen annimmt. Dort gibt es viele ganz kleine Shops. Die Shops sind oft nur ca. drei auf zwei Meter gross und es stehen oder sitzen mindestens drei Menschen drin. Die Kleider sind mit Kleiderbügeln an der Gitterwand aufgehängt. Man sagt, was man möchte und die Verkäufer stechen in alle Richtungen davon und bringen jenste Kleider, aber ganz sicher nicht das, was man haben möchte. Man erklärt also nochmals und beim zweiten Anlauf klappts dann etwas besser. Dann bekommt man immerhin, was man möchte, wenn auch noch nicht in der richtigen Farbe, Form oder Grösse. Wenn man in Begleitung im Shop ist, wird auch die zweite Person, die eigentlich gar nichts kaufen möchte, gleich mit Kleidern behängt. Mir erging das so. Ich musste ein hübsch anzusehendes Top anziehen, obwohl ich gar keins brauche. Natürlich fand der Verkäufer, dass es mir ungeheuer gut stand und ausserdem sei es auch gar nicht teuer. Ich fragte wie viel, nur um zu schauen, was er mit "gar nicht teuer" meinte. Das war ein Fehler, denn sobald man nach dem Preis fragt, zeigt man Interesse, obwohl ich eigentlich keines hatte, denn mir gefiel die Farbe nicht. Ich schüttelte also den Kopf. Daraufhin kommt die Frage, wie viel ich denn bezahlen möchte. Aha, daher weht der Wind. Ich sage, dass es nicht der Preis ist, sondern die Farbe. Daraufhin meint der Verkäufer, dass genau diese Farbe mit einem schwarzen T-Shirt - ich trage ein cremefarbenes - super an mir aussehen würde. Mein nächster Fehler: Ich sage, ich hab aber kein schwarzes T-Shirt. Darauf der Verkäufer schlagfertig: Ich kann dir welche zeigen. Ja, sicher kann er das. Das habe ich nie bezweifelt. Gott sei Dank hat sich Christian inzwischen für eine Jeans entschieden und wir können den gigantischen, unterirdischen Kleidermark mit dem Versprechen, bald wieder zu kommen, verlassen. Und ich bin einmal mehr erstaunt darüber, wie schlagfertig und geschäftstüchtig die Kenianer sind!

Montag, 9. Juli 2007

Busfahren in Kenia

Da ich beinahe täglich ins Kemri fahre und die Strecke mit Matatu und Bus zurücklege, dachte ich mir, dass dies einen Blogeintrag wert ist. Immerhin läuft das Busfahren hier doch ein wenig anders ab. Zuerst einmal gibt es keinen Fahrplan. Man stellt sich also einfach bei der Haltestelle hin und wartet, bis der richtige Bus kommt. Es gibt verschieden Busse: Die grünen City Hoppa's, die blauen KBS (Kenya Bus Service) und die violetten Double M. Den richtigen Bus erkennt man an der Nummer, die beim Fahrer vorne am Armaturenbrett steckt oder die der Kondukteur oft nervös durchs Seitenfenster streckt und schwenkt. Dabei kann es vorkommen, das die Nummer plötzlich während des Herumschwenkens ändert, weil der Kondukteur entscheidet, dass er die Route wechseln möchte. Man muss also erstens sehr gut schauen, wo man einsteigt und zweitens die Nummern kennen. Am besten fragt man dann auch immer noch bevor man einsteigt, nach der Haltestelle, wo man aussteigen möchte. Je nach Tageszeit kann man nicht lange herumfakeln und fragen, sondern steigt mal ein, sprich zwängt und drängelt neben den anderen Menschen zum Einstieg und fragt dann halt sicherheitshalber erst wenn man im Bus ist nach. Der Bus fährt übrigens erst los, wenn jeder Platz besetzt ist. Man sucht sich also einen freien Platz, während der Bus sich schon in Bewegung gesetzt hat. Sitzen mal alle, schnallt sich der Kondukteur seinen Billetknipser um und geht durch die Reihen. Eine Fahrt mit dem Bus kostet 20ksh, egal ob man eine oder zehn Stationen mitfährt. Man bezahlt und bekommt dann ein kleines Ticket, das man aufbewahren muss, bis man wieder aussteigt. Es kann nämlich vorkommen, dass jemand das Ticket nachkontrollieren möchte. Will man aussteigen, sagt man das entweder dem Kondukteur oder marschiert dem Ausgang entgegen, worauf der Kondukteur dem Fahrer zuruft, er solle anhalten. In manchen Bussen hat es auch Knöpfe, die man drücken kann, wenn man aussteigen möchte. Steigt jemand aus und wird somit ein Platz im Bus frei, schaut der Kondukteur, dass er an der nächsten Haltestelle jemanden findet, der den Platz wieder besetzt. Bezüglich Matatus müsste ich jetzt eigentlich noch einen eigenen Blog schreiben, weil es da noch ein wenig anders zu und her geht. Mal sehen, vielleicht in ein paar Tagen? (Tanja)

Sonntag, 8. Juli 2007

Behinderte Menschen in der kenianischen Gesellschaft

Behinderung ist in Kenia weiterhin ein Tabu. Wieviele Menschen mit Behinderung in Nairobi leben, ist nicht klar, da diese Menschen bei der letzten Volkszählung 1999 nicht mitgezählt wurden. Es gibt allerdings Schätzungen um die 120.000, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche. Arten von Behinderungen gibt es viele. Bei den Erwachsenen ist es meist Polio. Bei den Kindern ist die häufigste Behinderung cerebral palsy (geistige und psychomotorische Behinderung), auch Polio des 21. Jahrhunderts genannt. Von 400 Kindern haben 180 diese Behinderung. Die Hauptursache dafür ist der schlechte Gesundheitszustand und die Mangelernährung der Mutter. Klumpfüße treten in Afrika dreimal häufiger auf als in Europa. Bei dieser erblichen Fehlbildung sind die Füße der Kinder um bis zu 90 Grad nach innen gedreht. Wird die Erkrankung nicht frühzeitig mit einer Serie aus Gipsverbänden behandelt, können die Menschen ihr Leben lang nicht richtig laufen.
Die größte Herausforderung ist der mangelnde Zugang zu den grundlegenden Bedürfnissen, wie Gesundheit und Bildung. Das Bildungssystem in Kenia ist alles andere als behindertenfreundlich und das Thema Behinderung ist nach wie vor ein Tabu. Eine Herausforderung für ist auch, dass die Missbrauchsrate bei Kindern mit Behinderungen besonders hoch ist und dass sie sehr oft Opfer von Gewalt werden.
Der wichtigste und letztlich nachhaltigste Ansatz ist "empowerment", das bedeutet die Menschen zu stärken, ihnen (lebens-)praktische Kenntnisse zu vermitteln, sie über ihre Rechte aufzuklären. Dies gilt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Das lässt sich am besten in Selbsthilfegruppen umsetzen. Es gibt einige Rehabilitationszentren, wo Kinder mit körperlichen Behinderung behandelt, Prothesen hergestellt sowie einheimische Orthopädietechniker geschult werden. Diese Zentren werden meist von westlichen Organisationen gegründet und unterstützt.
Im Dezember 2006 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Konvention zu Menschen mit Behinderungen, die die Reche von Menschen mit Behinderungen schützen soll. Unter anderem haben sich die Regierungen verpflichtet, nationale Gesetze zu prüfen und zu korrigieren, wenn sie behinderte Menschen sikriminieren.


Samstag, 7. Juli 2007

Tourismus

In Kenia findet sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Landschaften, die alle charakteristisch für den afrikanischen Kontinent sind. Schöne Küstengebiete und ein langes Korallenriff, weite Savannen mit Großwildtieren, schneebedeckte Gipfel, Wüste und ein kleiner Dschungel (Regenwald). Dies alles ist im wesentlichen für den Tourismus erschlossen, sowohl was den Massentourismus - meist an der Küste - aber auch den Individualtourismus - eher im Landesinneren, z. B. bei der Besteigung des Mount Kenya - angeht. Tragendes Element des Tourismus sind neben den weißen Stränden an der Küste die großen Nationalparks.
Kenia besitzt eine Vielzahl an Nationalparks, die ein wichtiges Standbein für den Tourismus darstellen. Der größte Nationalpark ist der Tsavo Nationalpark, der in Ost und West gegliedert ist. Der bekannteste Nationalpark Kenias ist die Massai Mara, der nördliche Ausläufer der Serengeti. Hier findet man besonders in den Monaten Juli und August einen großen Tierreichtum, bedingt durch die atemberaubenden Herdenwanderungen, bei denen meist der gesamte Horizont mit abertausenden Gnus, Zebras, Antilopen, Büffeln und Impalas übersät ist. Kleinere bedeutende Nationalparks sind Amboseli, Kimana und Meru. Ebenso sehenswert ist der Nationalpark in Nairobi, ein kleineres tierreiches Reservat inmitten der Hauptstadt. Wohl nirgends sonst kann man Giraffen und Zebras so dicht vor einer Großstadtskyline beobachten. (Tanja)

Freitag, 6. Juli 2007

Hochzeit in Kenia

Bei der Eheschliessung in Kenia spielen die Stammesrituale offenbar eine grosse Rolle. Hier Beispiele der Massai und der Suaheli. Begleitet von den Worten "Möge Gott Dir viele Kinder schenken" spuckt der Vater der Massai-Braut seinen Segen für das Paar mit Milch auf deren Kopf und Brust. Dann macht sich das junge Mädchen auf den Weg zu ihrem Bräutigam, einem von den Eltern ausgewählten, wahrscheinlich wesentlich älteren Mann, den sie nicht kennt. Umschauen darf sie sich nicht sonst wird sie zu Stein, glauben die Massai. Damit die Braut heile bei ihrem zukünftigen Gatten ankommt, wird sie von den Angehörigen ihres Bräutigams notfalls auf Händen getragen: Steine und Blätter werden aus dem Weg geräumt und die Braut über Flüsse transportiert. Schließlich muss sie selbst noch einiges ertragen:Die weiblichen Verwandten des Bräutigams beleidigen die Braut, und schmieren ihr sogar Kuhdung auf den Kopf. Die Art, wie die Braut auf diese Kränkungen reagiert, verrät, wie sie die Herausforderungen der Ehe bestehen wird.
Ganz anders wird das Heiratsritual für die Braut bei den Suaheli vollzogen. Vor der Zeremonie gibt's für die Braut ein Verwöhnprogramm pur. Sie wird mit Kokosnussöl massiert und mit Sandelholz parfümiert. Ihre Haut wird an Armen und Knöcheln mit Henna-Mustern bemalt. Danach weist sie eine somo, eine ältere Frau des Stammes, in die Gefälligkeiten einer guten Ehefrau gegenüber ihrem Mann ein - im Klartext: sie klärt sie auf. Am Tag der Hochzeit lüftet der Mann in der Brautkammer im Rahmen der Eheschließung den Schleier seiner Braut - und sieht deren Gesicht vielleicht zum ersten Mal. Die besorgte somo versteckt sich übrigens manchmal unter dem Bett für den Fall, dass es beim Eheschluss Probleme geben sollte. Die eigentliche Hochzeit wird jedoch bei der Zeremonie in einer Moschee besiegelt, an der nur
Männer teilnehmen dürfen. (Tanja)

Donnerstag, 5. Juli 2007

Schulbildung in Kenia

In den nächsten Tagen schreibe ich gerne, über die von euch vorgeschlagenen Themen. Heute über die Schulbildung in Kenia.
Der Lehrplan orientiert sich am sog. 8-4-4-System, das das koloniale Schulsystem ablöste, das heißt acht Jahre Grundschule, vier Jahre Gymnasium und vier Jahre Hochschule. Jedes Jahr findet zwischen den Schulen ein spannender Wettkampf um die höchsten Punktzahlen im nationalen Wettbewerb statt. Die besten Schüler des Landes erhalten vom Präsidenten manchmal einen Ochsen oder ein Universitätsstipendium.
Kindergärten sind überwiegend auf die Städte beschränkt und kostenpflichtig. Sie werden meist von bildungsstarken und wohlhabenderen Eltern verlangt.
Besonders auf dem Land wurden viele Grundschulen nach dem Harambee-Prinzip unterhalten, d.h. die Eltern finanzierten sie durch Spenden selbst. Diese Schulen waren in jeder Hinsicht arm. Diese Situation verbesserte sich erst, als 2003 die Regierung um Präsident Kibaki ihr Wahlversprechen einlöste und das Schulgeld für die "Primary Schools" abschaffte. Damit ermöglichte sie zum ersten Mal den Zugang zur Bildung für Kinder aus ärmeren Familien. Es gingen plötzlich 1,7 Millionen Kinder mehr zur Schule. Jedoch blieben Investitionen im Bildungssektor aus, und das Schulsystem ist kaum im Stande, der steigenden Anzahl von Schülern gerecht zu werden. Das Lehrer-Schüler-Verhältnis ist auf 1:100 gefallen, ein qualitativ guter Unterricht ist daher kaum möglich. Zudem nimmt die Zahl der Lehrer kontinuierlich ab.
Weiterführende Schulen (Klasse 9-12) sind kostenpflichtige Gesamtschulen. Aufgrund der Kosten sind diese Schulen für große Teile der Bevölkerung unzugänglich, auch wenn die Privatschulen Stipendien vergeben. Einige Schulen nehmen kostenlos nur begabte Kinder aus den Slums auf.
Eine Berufsausbildung, wie sie bei uns bekannt ist, existiert in Kenia nicht. Entweder erfolgt eine Art Ausbildung im Betrieb (in-service-training) oder an einer in den Städten zahlreichen Privatinstituten, etwa für Kfz-Mechaniker, Coiffeure oder Computerfachleute. Alle diese Ausbildungen kosten Geld. Ein Hardware-Fachmann wird z. B. in Nairobi für ca. 3200CHF in 18 Monaten ausgebildet. So eine Ausbildung kann die Chancen auf dem freien Markt enorm erhöhen.
Noch immer zieht es die Elite des Landes vor, ihre Kinder in Großbritannien oder den USA studieren zu lassen. Deshalb sieht man in der Tageszeitung auch immer wieder Werbung für diverse Schulen und Universitäten im Ausland. (Tanja)

Mittwoch, 4. Juli 2007

Fahrrad fahren in Nairobi

Das Fahrrad fahren ist wohl die Tätigkeit, die ich hier am meisten vermisse. In Bern habe ich ja fast täglich das Fahrrad benutzt, manchmal sogar im kalten Winter. Hier ist es generell schwierig, draussen Sport zu treiben. Unlängst fragte mich jedoch jemand aus der Heimat, warum ich hier denn nicht Fahrrad fahren würde. Dafür gibt es eine einfach und stichhaltige Erklärung: Ich hege keine Selbstmordgedanken. Man sieht hier durchaus äusserst mutige Menschen - Mut ist das andere Kriterium, um hier Fahrrad zu fahren - die täglich mit dem Velo unterwegs sind. Sie haben dabei meist fünf bis sechs Kisten auf dem Gepäckträger geladen und schwanken gefährlich auf ihren zwei Rädern. Diese Männer sind mutig genug, sich den herumrasenden Matatus in den Weg zu stellen, haben gute Augen, um den kleineren und grösseren Schlaglöchern auszuweichen und offenbar leiden sie noch nicht an Asthma, was aber bei den Abgasen, die hier in der Luft hängen nur eine Frage der Zeit ist. Ihr seht also, das Fahrrad dient hier in allererster Linie dem Transport und keineswegs dem Vergnügen einer sportlichen Tätigkeit. (Tanja)

Dienstag, 3. Juli 2007

Chapati-Rezept (ähnlich wie Pizzateig)

Einfach und typisch kenianisch.

Zutaten:
0.5 kg Mehl,
1-2 Esslöffel Oel,
1 Kaffeelöffel Salz
2-3 dl Wasser.

1) Alle Zutaten mischen, kneten und 15 bis 30 Minuten ruhen lassen.
2) Dann in vier Teile schneiden und dünn auswallen (<5mm).
3) jede einzelne Form mit wenig Oel bestreichen und zu einer Wurst aufrollen. Diese Wurst wiederum aufrollen (Schneckenhausform, siehe Bild) und auf beiden Seiten bemehlen.
4) Jetzt den Teig nochmals zu einer runden Form auswallen und mit etwas Oel beidseitig ca 3-5 Minuten in der Pfanne hellbraun backen.
... und fertig!
Dazu passen rote Bohnen, grüner Salat, Gulasch-Suppe, dicke Gemüsebrühe oder nur Butter.
(Herzlichen Dank an Sabine Kania fürs Rezept)